Abschlussfeier Abiturjahrgang 2008
Von der Schultüte zur Abi-Feier
Von Frank Saltenberger
Neu-Anspach. Ein langer Weg sei es gewesen von der Schultüte bis zur Abifeier, sagte Schulleiterin Kristina Huttenlocher auf der akademischen Feier des Abiturjahrgangs 2008. An seinem Ende standen am Donnerstag die jungen Menschen, die sich mit der allgemeinen Hochschulreife in der Tasche aus dem Schulleben verabschiedeten.
Es war ein anderer Jahrgang als der der 68er, auf die in diesem Jahr allenthalben zurückgeschaut wurde. „Wir kamen uns damals mutiger und unkonventioneller vor“, sagte die Schulleiterin, die in ihrer Ansprache ebenfalls an die Zeit erinnerte, in der sie selbst Studentin gewesen war. Der Weg zwischen Gesellschaftskritik und gesellschaftlicher Anpassung, zwischen Individuation und Sozialisation sei ein komplizierter Prozess, formulierte sie mit dialektischem Unterton. Dem Zeitgeist unterlägen auch die Abireden. Seit den 68ern hätten sie an Bedeutung verloren, bis sie in den 80ern wieder entdeckt worden seien. Abireden genössen sogar den Rang einer literarischen Gattung, erklärte Huttenlocher und verwies auf die mit der Theodor-Heuss-Medaille ausgezeichnete Rede von Karin Storch mit dem Titel „Erziehung zum Ungehorsam“.
So eingestimmt, waren Schüler Eltern und Lehrer auf die Abireden 2008 gespannt. Tutor Markus Frey übernahm die Festrede, für die Schüler sprach Nathaniel Glidden. Frey machte zwar nicht die Heuss-Medaille zum Aufhänger, aber die Münze schlechthin, gleichermaßen als Symbol von Gut und Böse. „Lassen Sie sich nicht weiß machen, dass Geld allein die Welt regiert“, lautete die Quintessenz seines Appells für das Leben nach der Schule, und Frey verpackte seine Betrachtung der Münze als Objekt sämtlicher Unterrichtsfächer von der Physik bis zur Ethik und Religion in amüsante Geschichten. Einige Wandtellersprüche waren auch dabei wie: „Verkaufen Sie sich nicht um jeden Preis“, ein Ratschlag, der in einer Zeit, in der der Casting- und Super-Model-Geist den der 68er in den Schatten stellt, sicher nicht fehl am Platz ist.
Glidden drehte die Münze, die der Tutor während seiner Rede an die Leinwand projizierte, auch um: Ein gutes Lernumfeld zu schaffen, anstatt die Schule nur unter Kontrolle halten zu wollen, riet er den Zurückgebliebenen. Das roch tatsächlich nach dem Geist der 68er. Aber Glidden wahrte auch die Balance, denn dass die Schule sie zu dem gemacht hatte, was sie bei der Verabschiedung waren, würdigte er dankbar: „Einige Lehrer haben wird aufgrund ihrer Sachkompetenz respektiert, andere haben wir sogar ins Herz geschlossen“.
Ein Blick in die Zukunft wagte Bürgermeister Klaus Hoffmann (CDU): „Lassen Sie sich nicht einreden, dass alles immer schlechter wird.“ Die Chancen seien da, auch wenn es die Sorglosigkeit früherer Jahre nicht mehr gebe.
Cornelia Albrecht sprach für den Elternbeirat und riet sogar zur dosierten Sorglosigkeit: „Feiern Sie, seien Sie auch mal faul, und wahren Sie die Balance zwischen Privatem und Beruf“, gab sie den Abiturienten auf den Lebensweg und ehrte zusammen mit Doris Hergt-Fondacaro, der stellvertretenden Vorsitzenden des Fördervereins, die Besten des Jahrgangs. Die Übergabe der Zeugnisse, die Ehrung der Besten sowie die Reden wurden von einem fantastischen musikalischen Programm begleitet: Zuerst spielte ein ARS-Ensemble ein Stück von Henry Purcell, dann glänzte Florian Valerius mit „Deux Nocturnes“ von Chopin am Flügel.
Für einen heiteren musikalischen Abschluss sorgte der Chor der Klasse 13 mit einer selbst getexteten Version von „Light My Fire“, ein später 60er-Jahre-Hit der „Doors“: „Feiert mit uns Abi of Love“. Folgerichtig schloss sich ein Sektempfang im Foyer an, bevor in privaten Kreisen weiter gefeiert wurde und sich die Schüler zum Abiball wieder sehen.
[Quelle: Taunuszeitung vom 14.06.2008]