Adolf-Reichwein-Schule
Integrierte Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe
Wiesenau 30
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„Lesen lernt man nur durch Lesen.” Diese programmatische Aussage von Kollegen der Steinwaldschule, einer hessischen Modellschule, hat seit dem Schuljahr 2006/07 auch für Schüler der Adolf-Reichwein-Schule Bedeutung. Denn mit gezielten Maßnahmen versuchten in diesem Schuljahr die Deutschlehrer der ARS, die Lesekompetenz ihrer Schüler durch neue Methoden in einem speziell ausgerichteten Leseunterricht verstärkt zu fördern.
Davon betroffen waren zunächst die jüngsten Schüler aus der Jahrgangsstufe 5. Für sie wurde der Deutschunterricht von fünf auf sechs Stunden die Woche erhöht. In zwei dieser Stunden wurden die Schüler speziell im Lesen gefördert, und zwar in nach Leistung differenzierten Kursen. Dementsprechend fanden sich die Schüler wenige Wochen nach Schuljahresbeginn in den Leseunterrichts-Kursen der "Lesefüchse" (schwächere Leser), "Leselöwen" (durchschnittliche Leser) und "Leseratten" (starke Leser) ein. Dort wurden sie gemäß ihrer individuellen Lesefertigkeiten von den Deutschlehrern der Jahrgangsstufe unterrichtet.
Auch für die leseschwachen Schüler aus der Jahrgangsstufe 7 wurde ein zusätzliches Angebot geschaffen. Sie konnten im Wahlpflichtunterricht den dreistündigen Leseunterricht wählen. In diesen Kursen wurden sie mit recht ähnlichen Methoden im Lesen geschult.
Die Erweiterung der Lesekompetenz war zudem Bestandteil der Methodenschulung im zweistündigen Wahlpflichtunterricht der Jahrgangsstufen 9 und 10: Methoden der Erschließung linearer und nichtlinearer Texte gehören in diesen Kursen zum integralen Bestandteil des Schulcurriculums.
Die zunehmende Bedeutung der Lesekompetenz (d. h. der Fähigkeit Texte zu verstehen) ergab sich nicht zuletzt durch die Ergebnisse der PISA-Studien. Sie zeigen, dass deutsche Schüler im internationalen Vergleich über allenfalls durchschnittliche Lesekompetenzen verfügen. Außerdem wurde deutlich, dass zwischen Schulerfolg und Lesekompetenz ein unmittelbarer Zusammenhang besteht.
Dementsprechend sahen sich das Hessische Kultusministerium und die Schulämter veranlasst, gemeinsam mit den Schulen Strategische Ziele zu vereinbaren. Mit Bezug auf die Lesekompetenz formulierte das Hessische Kultusministerium das Strategische Ziel 2: "Verringerung der so genannten Risikoschüler um ein Drittel. Verbesserung der Lesekompetenz bei Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I."
Alle Schulen mit Sekundarstufe I des Hochtaunus- und Wetteraukreises waren dementsprechend gefordert, auf ihre Schule speziell ausgerichtete Konzepte zur Leseförderung zu entwickeln.
Vor allem die Deutschlehrer an der ARS sahen es als ihre Aufgabe an, dieses Strategische Ziel 2 an ihrer Schule umzusetzen. Immerhin ist die Vermittlung von Lesekompetenz von jeher ein wesentliches Lernziel des Deutschunterrichts. Dass deutsche Schüler nach den PISA-Vergleichsstudien in diesem Bereich deutliche Schwächen zeigen, wurde und wird von den Pädagogen als Herausforderung angesehen.
Besonders in dieser Phase der Entwicklung eines Konzepts zur Leseförderung an der ARS erhielten die Deutschkollegen Unterstützung vonseiten des Schulamtes (SSA). Die Fachberater des SSA führten Fortbildungsveranstaltungen durch, die exemplarisch bewährte Modelle der Leseförderung vorstellten.
Ein Glücksfall für die ARS war es in dieser Phase der Entwicklung, dass einer der Fachberater des SSA Deutschlehrer an der ARS ist. Er gab für die Entwicklung des Leseförderkonzepts die wesentlichen Impulse. Im Ergebnis sollten Methoden und Lesestrategien, wie sie das hessische Amt für Lehrerfortbildung (AfL) auf Grundlage eines in Amerika entwickelten Konzepts empfiehlt, ebenso aufgegriffen werden wie die motivierende didaktische Struktur und Organisationsform der Steinwaldschule. An dieser hessischen Modellschule konnte mit der Verteilung der Schüler auf unterschiedliche Kursniveaus im Leseunterricht - den Lesefüchsen, Leselöwen und Leseratten - und mit einer gezielten Auswahl von "Lesestoff" für die unterschiedlichen Leistungsniveaus überzeugende Leistungssteigerungen der Lesekompetenz erreicht werden.
Für die Umsetzung eines Leseförderkonzepts an der ARS ergaben sich somit klare Vorgaben, sodass die Grundsäulen für die Didaktik des Leseunterrichts recht schnell geklärt waren:
Dementsprechend wurde der Leseunterricht in den Jahrgangsstufen 5 und 7 gestaltet. In den sogenannten Methodenstunden widmeten sich die Lehrkräfte vor allem der Schulung von klassischen wie moderneren Formen der Texterschließung entsprechend den unterschiedlichen Lernvoraussetzungen ihrer Schüler. Beispielsweise sollten die Schüler durch geeignete Methoden veranlasst werden, den oftmals nur "mechanischen" Lesevorgang durch Vorwegnahme und Zusammenfassung des Gelesenen aufzugeben und damit den Text sinnerfassend zu lesen. Mit dieser Methode des reziproken Lesens sollte das verstehende Lesen gefördert werden.
Auch das Konzept der Steinwaldschule wurde aufgegriffen. Da Lesen vor allem durch Lesen gelernt wird, sollten Anreize geschaffen werden, damit Schüler sowohl in als auch außerhalb des Unterrichts lesen. Im Unterricht wurden eigens nach Lesefähigkeiten ausgewählte Lektüren in der Lesestunde behandelt oder auch still gelesen, um anschließend die Lektüre anhand von Kontrollbögen nachzuweisen.
Aber auch außerhalb des Unterrichts wurde gelesen. Hier war es vor allem die Vergabe von "Bronzenen" (nach 5 Bücher), "Silbernen" (nach 10 Büchern) und "Goldenen Lesediplomen" (nach 15 Büchern), die einen zusätzlichen Anreiz vor allem für die jüngeren Schüler der Jahrgangsstufe 5 boten. Wie sehr derartige positive Anreize einige Schüler zu motivieren vermochten, überraschte die Deutschkollegen in diesem Schuljahr. Mittlerweile konnte das erste "Sternstaubene Lesediplom" (nach 30 Büchern) vergeben werden.
Eingebunden wurden Elemente, die zur Leseförderung bereits vorhanden waren, etwa die Schulbibliothek, die von den Schülern im Leseförderunterricht als "Lesestofflieferant" genutzt wurde, oder die Leseförderung des Fachbereichs Deutsch durch Leseanimation. Nahezu in jedem Jahrgang fanden in den letzten Jahren Veranstaltungen statt, die gezielt der Lesemotivation dienen, etwa Autorenlesungen, der Vorlesewettbewerb in Jahrgangsstufe 6 oder die spielerische Einführung der Schüler in die Nutzung der Schulbibliothek in Jahrgangsstufe 5.
Schon in der Planungsphase des Leseunterrichts stand für die Deutschkollegen fest, dass zur Feststellung des Bedarfs an individueller Förderung im Lesen neben der Leistungsbewertung und der Beobachtung im Unterricht auch andere Formen der Lernstandsmessung gewählt werden müssten. Zugleich sollte auf diese Weise ein Überblick über die Leistungsfähigkeit der Schüler eines Jahrgangs in Bezug auf das Lesen ermittelt werden.
Die ARS folgte auch hier der Empfehlung der Fachberater und führte einen standardisierten Lesetest durch, nach dem Schüler entsprechend ihrer Lesekompetenz auf fünf Lesestufen (schwache, unterdurchschnittliche, durchschnittliche, überdurchschnittliche und ausgezeichnete Leser) verteilt werden konnten. In Jahrgangstufe 7 sollten dadurch die besonders zu fördernden leseschwachen Schüler ermittelt werden, in Jahrgangsstufe 5 diente das Textverfahren dazu, den Deutschlehrern die Verteilung ihrer Schüler auf die Kursniveaus (Lesefüchse, Leselöwen und Leseratten) zu erleichtern.
Das kosten- wie zeitaufwendige Verfahren brachte klare Ergebnisse zutage. Der Lesediagnosetest (Diagramm 1) zeigte, dass in der Jahrgangsstufe 6 des Schuljahres 2005/06 rund 17% aller Schüler (schwache bzw. unterdurchschnittliche Leser) zusätzliche Förderung im Lesen benötigten. In nahezu allen Fällen konnten die Deutschkollegen der betroffenen Schüler das Ergebnis durch eigene Unterrichtsbeobachtungen stützen. Dementsprechend wurde den leseschwächern Schülern empfohlen, im Schuljahr 2006/07 den WPU-Leseunterricht in Jahrgangsstufe 7 zu besuchen.
Zur Einteilung der Schüler in Jahrgangsstufe 5 (Diagramm 2) wurde dasselbe Messverfahren zu Beginn des Schuljahres 2006/07 verwendet. Auch hier zeigte sich eine im Ergebnis ähnliche Verteilung der Schüler auf die Lesekompetenzstufen.
Ein weiteres Ergebnis war für die Deutschkollegen entscheidend: Im Ergebnis zeigten die Schüler der ARS dieselben Stärken und Schwächen in der Lesekompetenz wie Schüler des dreigliedrigen Schulsystems. Das Leseförderkonzept erweist sich auch deshalb als sinnvoll.
Für die Durchführung des Leseförderkonzepts war in diesem Jahr vor allem finanzielle Unterstützung notwendig. Der Förderverein der ARS erklärte sich dankenswerterweise bereit, einen ersten Grundstock geeigneter Lektüre für den Leseförderunterricht zur Verfügung zu stellen. 1500 Euro flossen somit unmittelbar in die Entwicklung des Leseförderkonzepts, denn nur geeignete Lektüren erlauben eine gezielte Leseförderung auf unterschiedlichen Kursniveaus.
Die beteiligten Deutschlehrer sahen den Leseunterricht von vornherein als eine Herausforderung an. Zusätzliche Anstrengungen im organisatorischen wie didaktischen Bereich mussten bewältigt werden; Fortbildungen wurden besucht, neue Unterrichtsmaterialien erstellt, Urkunden verteilt und - vor allem - Bücher ausgegeben, eingesammelt, getauscht, erneut verteilt usw. Die erste Probephase ist für die Kollegen so erfolgreich verlaufen, dass das Leseförderkonzept in Zukunft an der ARS weiter ausgebaut werden soll.
Rückmeldung gab es mittlerweile auch vom Staatlichen Schulamt. Auf einer Dienstversammlung aller Schulleiter der Sekundarschulen wurde das Leseförderkonzept der ARS als besonders gelungenes Modell der Leseförderung ausführlich vorgestellt.
Und auch von Seiten der Schüler und Eltern gab es Rückmeldungen, dass das Leseförderkonzept zu einem verbesserten Leseverhalten der Schüler führt und nicht selten auch Lesefreude vermittelt.